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Anhörung vor der Internationalen Expertenkommission Historische Mitte
am 18.4.2001, 17.10 Uhr, in Berlin, Rotes Rathaus

"Bürgerzentrum Spreeinsel" im sogenannten Staatsratsgebäude und: Bebauung des Schloßplatzes für einen Mix von Öffentlicher Bibliothek, Museen und Medienzentrum auf dem Schloßplatz

Die "Stadtteilvertretung Spreeinsel" ist die Betroffenenvertretung im hauptstädtischen Entwicklungsgebiet auf der Spreeinsel (Schloßplatz bis Gertraudenstraße) und dem Friedrichswerder gemäß städtebaulicher Sanierungs- oder Entwicklungsmaßnahmen, §§ 136 - 171 des BauGB, Beteiligung und Mitwirkung der Betroffenen vom 19. April 1995 (Berlin, SenBauWohn).

Das Baugesetzbuch gibt den Betroffenen gemäß § 137 das Recht auf frühzeitige Information, Beratung und Mitwirkung bei der Vorbereitung und Durchführung der Sanierung resp. Entwicklungsmaßnahme.

Derzeitige Mitglieder: Herr Günter Brach, Frau Ingrid Degenkolbe, Herr Horst Hahn, Herr Andreas O. Heinz, Frau Ingrid Kleinsorge, Frau Waltraud Kronfeldt, Frau Prof. Dr. Anni Seidl, Herr Walter Stolle, Frau Anne Wagner-Junker (Sprecherin)

"Ich bin überzeugt, daß es mit zum Erdenleben gehört, daß jeder in dem gekränkt werde, was ihm das Empfindlichste, das Unleidlichste ist:
Wie er da herauskommt, ist das Wesentliche"

Rahel Varnhagen

Diese Gedanken Rahel Varnhagens stellt Christa Wolf ihrem 1974 erschienenen Buch "Unter den Linden" als Motto voran - und sie schreibt:

"Unter den Linden bin ich immer gerne gegangen. ... Unbeschreiblich liebe ich diese sicheren Anfänge, die nur denen gelingen, die glücklich sind. ..."

Möge der Expertenkommission Historische Mitte und uns allen ein sicherer Anfang beschieden sein.

 


"Bürgerzentrum Spreeinsel" im sogenannten Staatsratsgebäude und: Bebauung des Schloßplatzes für einen Mix von Öffentlicher Bibliothek, Museen und Medienzentrum auf dem Schloßplatz

Sehr verehrter Herr Vorsitzender der Internationalen Expertenkommission, sehr geehrte Mitglieder Damen und Herren, sehr geehrte Herren Mitglieder des Moderatorenkreises, verehrte Anwesende,

ich danke Ihnen, den Mitgliedern der Internationalen Expertenkommission Historische Mitte und des Moderatorenkreises, daß Sie mir die Möglichkeit geben hier zu sprechen, um die Nutzungs-Interessen der Bürger und BürgerInnen, die auf der Spreeinsel und in angrenzenden Bereichen leben, öffentlich in die Anhörung einzubringen.

Die Grundlage für meinen Beitrag bildet die von der Stadtteilvertretung Spreeinsel am 28. Februar 2001 von den anwesenden Mitgliedern einstimmig als zukünftiges Arbeits-Programm begrüßte "Projektskizze Bürgerforum Spreeinsel". Dieser ging voraus eine sehr kommunikative, mehrwöchige Auseinandersetzung über kommunale Defizite und Identifikations-Verluste, über bürgernahe Lebensformen, über wissenschaftlich-technische und kulturelle Zielstellungen heutigen und zukünftigen Lebens in Berlin-Mitte, am Entstehungsort Berlins.

In zahlreichen Gesprächen im Stadtzentrum e. V., im Arbeitskreis Schloßplatz, mit den Mitgliedern der Stadtteilvertretungen Wilhelmstraße und Spreebogen, sind wir den komplizierten Fragen der zum Teil sehr tiefgreifenden Veränderungen der einstmals geteilten Stadt nachgegangen. Wir haben begreifen müssen, wie stark unsere gesamte Stadt mit Defiziten belastet ist und bei allem sichtbaren Erfolg für die Lebenskultur in der neuen Bundeshauptstadt auch zukünftig sein wird. Dabei möchte ich besonders dem Entwicklungsbeirat "Entwicklungsmaßnahme 'Hauptstadt Berlin - Parlaments- und Regierungsviertel' des Landes Berlin" danken. Hier haben sich die Anliegen und Fragen zu teilweise schwierigen Zusammenhängen in regelmäßigen Sitzungen oftmals zu einem gegenseitigen Verständnis verdichten können. In dieser, ich nenne es mal Schnittstelle zu den Verantwortungsträgern des Senates und der Bezirksämter, fanden unsere Fragen Gehör und eine qualifizierte Information zu Sanierungs- und Baumaßnahmen des Landes Berlin und des Bundes statt.

 

Das Spreeinsel-Areal als ein modernes Netzwerk für Bewohner, Gewerbetreibende, für die Kunst und Kultur, die Tourismus-Branche, für Politik, Bildung, Wissenschaft und Forschung

Voraussetzung für die zukünftigen "Umgangsformen" zum Standort Spreeinsel und Umgebung ist vor allem eins: das Entwickeln einer Planungskultur und das nicht nur in städtebaulicher Hinsicht. Barbara Jakubeit hat im vorigen Jahr formuliert: keine faulen Kompromisse zementieren, sondern Vielfalt erzeugen, besonders an diesem Ort, wo historische Strukturen zerstört sind - teilweise durch kriegerische Einflüsse, teilweise durch die Auffassungen der nachfolgenden Generationen.

Und Vielfalt wollen wir kommunikativ und kommunal anschaulich machen: im "Bürgerzentrum Spreeinsel". Der Streit der Kulturen miteinander ist unabdingbar und das Kain-Abel-Prinzip ist wohl heute und hier die Metapher für enge Sichtweisen, die Demokratie und Toleranz eher ablehnen als befürworten. Manchmal aber ist es auch der Ausdruck von Macht - von Macht der Stärkeren gegenüber den Schwächeren, wie immer sich soziokulturelle Handlungsweisen analysieren lassen oder wahrnehmbar werden.

Aus mehrjähriger Erfahrung mit Stadtentwicklung in diesem Gebiet ziehen wir heute ein vorläufiges Resümee, das nicht über gewachsene Strukturen und urbanes Leben berichten kann. Vielmehr haben sich die Aufenthaltsqualität und das Verständnis füreinander verringert, nicht zuletzt durch radikale Sanierungs- oder Verkaufsmaßnahmen von Eigentümern an Grund und Boden. Sicher gibt es keinen klaren Maßstab für diese Behauptung, Fakt ist aber, das spätestens seit dem vergangenen Jahr - ich persönlich lebe seit 1997 auf der Fischerinsel - auf der Spreeinsel und in den angrenzenden Gebieten eher ein kultureller Rückschritt als wachsende Lebenskultur, das Sich-Beschweigen im öffentlichen Raum als eine öffentliche Kommunikation zeigen. Besonders viele ältere Bürgerinnen und Bürger, die hier leben, sind in ihrer Würde verletzt, weil man ihnen nicht den altersgemäßen Lebensraum zubilligt. Jüngere Leute ziehen ob wachsender Trostlosigkeit hier weg. Letztes, tiefgreifendes Beispiel ist der Abriß des Ahornblattes, eines Hypar-Schalen-Bauwerkes, das in seiner wunderbaren Raumdimension der ideale Ort gewesen wäre, für viel Kultur und Kunst, wofür man anderenorts nicht die nötigen Quadratmeter parat hat. Es verschwand mit diesem Abriß auch gleich der letzte größere Einkaufsmarkt für ca. 2.500 auf der Fischerinsel lebende Bewohner - ersatzlos und ohne daß die Verantwortlichen im zuständigen Bezirksamt einem so dicht besiedelten Gebiet wie der Fischerinsel eine entsprechende Ersatzlösung anbieten konnten. Heute befindet sich dort, auf der südlichen Spreeinsel eine riesige Baugrube. Augenscheinlich ruht der Baubetrieb.

Aus diesen Erfahrungen heraus und in Kenntnis zahlreicher Diskussionsbeiträge moderner Stadtentwickler und Soziologen, Künstler, Architekten und Kulturschaffender meinen wir:

Die erfolgreiche, zukünftige Bebauung des Schloßplatzes und angrenzender Gebiete wird entscheidend davon bestimmt werden, wie es gelingt, qualitative Zielsetzungen zu einer Rekultivierung bürgernaher Lebensformen nach internationalen Kriterien einer lebendigen Stadt zu formulieren, die zur Erschließung der Spreeinsel insgesamt als Basis zukünftiger Nutzungen fungieren. Kurz gesagt: als national und international frequentierter Ort, der als kulturvoller Lebensraum für ca. 4.000 - 5.000 direkte Bewohner keine Brache wird, sondern als touristisch-kulturelles Zentrum mit internationalem Flair funktioniert - sowohl zum Arbeiten (oder müßte man heute besser "dienstleisten" sagen), als auch zum Flanieren, sich Bilden und sich Erholen.

Daß sich dies die hier lebenden Bürgerinnen und Bürger vorstellen können, soll mit der Projektskizze "Bürgerzentrum Spreeinsel" als ein erster Schritt deutlich gemacht werden. Um der Authentizität der Ideen und Anschauungen willen müssen wir die Diskussion um die Zukunft der Spreeinsel und im besonderen des Schloßlatzes auch an diesem Ort führen. Nur dies läßt uns wahrhaft streiten und einander näher kommen, in direkter Begegnung. Deshalb plädiert die Stadtteilvertretung Spreeinsel dafür, sofort ein Zentrum kommunikativen Austausches zu schaffen. Es darf keine Erzeugung veralteter, zentralistischer Stadtorganisation entstehen. Ein guter Weg wäre unserer Ansicht nach, die öffentliche Nutzung des Staatsratsgebäudes einzuleiten und die Nutzung des vorhandenen Parks am Staatsratsgebäude zu ermöglichen. Auch die Kommission Historische Mitte sollte sich zukünftig - das Bundeskanzleramt hat m. W. seinen Auszug wohl nur leicht verzögert - direkt an diesem Ort aufhalten. Von hier erschließt sich der Raum, um den es uns geht, nicht nur stadträumlich. Nein, auch ideell, im Angesicht des Alten Museums und der Museumsinsel, in der Nachbarschaft der Gebrüder Humboldt - der meistfrequentierten Uni Berlins - und unter der Klangsphäre großer Musiker und Sänger in der Staatsoper Unter den Linden und der großen Landesbibliothek. Raum erschließt sich auch mit Vorstellungen, von denen die entstandene Nord-Ost-Ecke eine eindrucksvolle Realität avisiert: die Rekonstruktion der Bauakademie des bedeutendsten Baumeisters der Stadt, Karl Friedrich Schinkel. Für diese Idee der Rekonstruktion gibt es keinen anderen Ort. In der Nachbarschaft des Kommandantenhauses und im Gegenüber des Ortes, an dem der "Beitritt" zum Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland beschlossen wurde. Nur von hier ist die Dimension unserer zukünftigen geistigen Auseinandersetzungen im wachsenden Europa erfahrbar. Möglicherweise hat die geniale Errichtung der Schloßkubatur in einer künstlerisch hervorragend erzeugten Attrappe durch französisches Kulturverständnis und seine Darstellung im 1:1 Format eine heilsame Wirkung erzeugt: die Suche nach unserer Identität nicht allein bei der deutschen Geschichte bewenden zu lassen. Auf dem steinigen Weg in ein vereintes Europa sind wir gut beraten, wenn diese Suche prospektiv auf neue Ziele gerichtet wird und nicht auf die Erzeugung von restitutiven Verengungen. Die Kultur kann dafür das richtige Augenglas bieten. Denn genau an diesem weitreichenden Ort gibt es bereits sehr anschauliches "Material" - stadt- und kunstgeschichtlich, philosophie-, rechts- und literaturgeschichtlich, archäologisch-wissenschaftlich, kulturell-bildungspolitisch und soziologiegeschichtlich.

Dieses innerstädtische Gebiet der Bundeshauptstadt Berlin ist sichtbar unterentwickelt gegenüber dem politisch-kulturellen Anspruch, der sich durchgängig in der hier gelebten Geschichte ausdrückt. Nicht nur die beiden Verkehrsadern zerteilen die gesamte Spreeinsel. Auch die überdimensionalen Baustellen mit unerträglichem Lärm und Baustellen-Logistik sowie die Nicht-Erfüllung einfachster Versorgungsmöglichkeiten des täglichen Lebens bilden den unerträglichen Kontrast zum Juwel auf dem nördlichen Teil - der Museumsinsel.

 

Ziel des Projektes "Bürgerzentrum Spreeinsel":

Zu vermitteln, zu kommunizieren und öffentlich erlebbar werden zu lassen die Schaffung von stadträumlich-bürgernahen Orten und Strukturen der Erlebbarkeit der gesamten Spreeinsel als Standort für Kommunal- und Außenpolitik, Museums-, Kunst- und Kulturpolitik, Bildungszentrum und Medienstandort, zunächst in der langen Phase der Bebauung des Schloßplatzes.

Thematisiert man dies an bereits vorhandenen Orten, so sind die Möglichkeiten der Weiterungen, Ergänzungen und Neuschöpfungen unschwer erkennbar. Priorität hat die Forderung nach Wohnbebauung auf der Spreeinsel, ausdrücklich auch thematisierbar am Schloßplatz und im gesamten hauptstädtischen Entwicklungsgebiet, wie jetzt auf dem Friedrichswerder. Denn städtische Plätze, seien sie noch so symbolträchtig und bedeutungsreich, werden arm an Leben, wenn vergessen wird, daß die Stadt für Menschen gebaut wird, deren Lebensraum sie ist. Einer stadtgestalterisch noch zu definierenden Wohnbebauung der Breiten Straße und der Schloßfreiheit stimmt die Stadtteilvertretung Spreeinsel zu, ja befürwortet diese nachhaltig. Die Spreeinsel und deren Umfeld muß bewohnbar bleiben und werden. Das nur einen Steinwurf entfernte Kulturforum steht für ein, in dieser Hinsicht, historisches Dilemma des verlorenen Platzes, weil er/es keine Bewohner haben. Das etwaige dortige Stadtgebiet am Tiergarten war bis zur Nazi-Herrschaft reich gesegnet mit Persönlichkeiten der Berliner Stadt- und Kunstgeschichte. Die Museumsinsel im Norden der Spreeinsel verträgt kein Vakuum an Kultur-Stadt-Raum - sie braucht vielmehr den lebendigen Schloßplatz und eine kulturell belebte Spreeinsel insgesamt.

Die Stadtteilvertretung stellt auf dem Schloßplatz ab sofort ein "Bürgerzentrum Spreeinsel" im sogenannten Staatsratsgebäude vor und wird - wenn die Entscheidung zur Entwicklung dieses Ortes so gefallen sein sollten - bereit sein mitzuarbeiten an einem Mix von großer Öffentlicher Bibliothek, europäisch und außereuropäisch vernetzten Museen und einem modernen Medienzentrum zur öffentlich-rechtlichen und privaten Kommunikation in der Bundeshauptstadt Deutschlands (auch mit weiteren Anrainern der Kommunikationsbranche, einem kompatiblen "Baustein" mit zukunftsträchtigen Ressourcen).

Mit der Bewußtmachung einzelner Defizite und der behutsamen Umsetzung einzelner Ideen, die im folgenden kurz benannt sein sollen, beginnt Gestaltung der Lebenskultur an diesem Ort - mit öffentlicher Kommunikation zu kommunalpolitischen, wirtschaftlichen und stadtsoziologischen Themen ebenso wie zu Kunst, Kultur und Wissenschaft.

Öffentliche Kommunikation heißt hier zuerst umfassende Information und Anschauung vor Ort zu allen Fragen und Problemen. Das bedeutet die Schaffung eines national und international vernetzten Kommunikations- und "Bürgerzentrums Spreeinsel" mit Service-Funktion für alle Belange der Kultur- und Kommunalpolitik - einschließlich kommunikativer Verbindungen mit den Partnerstädten in aller Welt. Aufbau und Einrichtung eines Forums zur stadtgeschichtlichen Agenda "Spreeinsel" in Form eines kulturgeschichtlich orientierten Vortrags- und Erlebniszentrums zum alten und neuen Berlin.

Abschließend ein kleiner Ausblick auf den ersten Schritt:

Damit dies im Zeitalter der wachsenden öffentlichen Kommunikation über das Internet in einem ersten Schritt möglich wird, habe ich als Bürgerin, die auf der Spreeinsel lebt, schon mal die Domain im World Wide Web "www.spreeinsel.de" mit privaten Mitteln gekauft. Schritt für Schritt wird sich hier die Stadtteilvertretung Spreeinsel darstellen und alle "Spreeinsulaner" sind eingeladen, dies wahrzunehmen.

 

Konkrete mögliche Einzelprojekte

Gewerbe und Wirtschaft:
Gewerbeansiedlung durch sofortige Existenzgründungs- und Ansiedlungsunterstützung mittels Förderung von handwerklichen Gewerbebetrieben im alltagsnahen und Lebensgrundlagen bildenden Bedarf, Eröffnung von Dienstleistungs- und Versorgungseinrichtungen auf der Spreeinsel in wohnnahen Bereichen zu günstigen, d. h. nicht überhöhten (!) Gewerbemieten. Vernetzung und Unterstützung der bürgernahen Stadtentwicklung an der Leipziger Straße - nicht durch Rückbau, sondern durch Verkehrsberuhigung und familienorientierte Sozialstrukturen fördernde Verdichtung der Wohnquartiere. Dringend notwendig ist die Förderung kleinteiliger Vermietung von Gewerberäumen, da der steigende Leerstand in ganzen Fußgängerpassagen nicht mehr hinnehmbar ist. Die Vernetzung besonders dieses Gebietes, das nicht a priori als Prachtstraße in den Tiergarten führt, sondern jetzt am Leipziger Platz endet, ist der dritten Politik-Achse als verkehrsfrequentierte Zielgerade in Richtung Bundesrat (ehemaliges Preußisches Herrenhaus) dem Bund und der Stadt besonders "ans Herz zu legen"! Zahlreiche Läden befinden sich in der Verwaltung des Bundesvermögensamtes. Die Anbindung an kommunalpolitische Programme wäre hier mit Blick auf die Spreeinsel dringend erforderlich, um nicht kulturelles Niemandsland zwischen Spreeinsel und Kulturforum zu erzeugen. Ich meine nicht Quartiersmanagement, sondern Stadtentwicklung in kleinteiligerer Dimensionierung als das bisher Vorhandene.

Offene Kinderbetreuung für Anwohner, Angestellte, Tagestouristen oder Hotelgäste:
Reetablierung der Kindertagesstätte an der Inselbrücke. Der vom vormaligem Bezirksamt etablierte Kreis Kreativhaus e.V. ist so gut wie nicht öffentlich wirksam. Über zukünftige Gestaltungen gibt es keine öffentlichen Hinweise.

Medizinische und sportliche Betreuung:
Erhaltung und Ausbau der Schwimmhalle und von Fachkräften betreuter Sportstätten und Kosmetik-Institute auf der Spreeinsel. Einrichtung mehrerer verschiedener medizinischer Betreuungszentren vor allem auf der Fischerinsel. Einrichtung eines Behandlungszentrums zur prophylaktischen Behandlung und medizinischen Versorgung akuter Formen nach Gesichtspunkten der traditionellen chinesischen Medizin.

Gastronomie:
Eröffnung weiterer Speise- und Erlebnis-Restaurants, beispielsweise im ehemaligen Jugendkaufhaus, oder am Wasser Friedrichsgracht/Ecke Gertraudenbrücke.

Verkehr und Touristik:

Fahrrad-Standorte (Parken und Vermietung) und Velo-Taxis:
Standorte: sog. Staatsratsgebäude, Museumsinsel, Dom, Historischer Hafen Zeughaus (Status quo!) und an Verkehrskreuzungspunkten (wie S-Bhf. Jannowitzbrücke).

Schiffsanlegestellen für Boote und kleine Fahrgastschiffe auf Spree und Kupfergraben - Kooperation mit Wirtschaftsverwaltung im Rahmen "Wasserstadt Berlin" zur Rekonstruktion der Schleuse am Auswärtigen Amt, entgegen bisherigen Ankündigungen der Nicht-Wieder-Inbetriebnahme.

Kunst und Wissenschaft, Bildung und Erlebnisraum:

Handel:
Umgestaltung des Mühlendammes (zunächst durch Verkehrsberuhigung) zum europäischen Handelsplatz für in- und ausländische Gewerbetreibende, Kunst-Händler, Obst- und Gemüse-Händler, Bijouterie (s. beispielsweise Ponte Vecchio/Arno in Florenz) usw. mit touristischen Frequenzen über das Nikolaiviertel, die Spreeinsel/Historischer Hafen mit Gaststätte und Ausstellung "Berlin ist aus dem Kahn gebaut", Gertraudenbrücke/Friedrichsgracht, Brüderstraße bis Sperlingsgasse und Staatsratsgebäude mit Park, resp. Friedrichswerdersche Kirche.

 

Eine Auflistung der wenigen, vorhandenen Einrichtungen und Gewerbe muß aus Zeitgründen nachgeholt werden. Selbstverständlich ist Kooperation mit Vorhandenem erforderlich, so daß die Spreeinsel als ein Gesamt-Netzwerk für Wohnen, Kultur und Tourismus, noch auch Politik, gesehen werden muß. Die erforderlichen Berufe und Partner in Politik und Wirtschaft müssen gefunden und zur Kooperation bewegt bzw. verpflichtet werden. (Die Förderungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten müssen gesondert ermittelt werden. Das prospektive Angehen und Verbreiten könnte bereits mit 3 - 4 interessierten Mitgliedern der STV bzw. STZ e.V. beginnen. Das UEP-Programm und das IHK-UMKIS-Förderprogramm müssen daraufhin durchgearbeitet werden, in Kooperation mit den zuständigen Senats- resp. Bezirksverwaltungen.) Entsprechende Eigentümer und Verwaltungen für Standortverwertung und Nutzungsverträge müssen zu Partnerschaften gewonnen werden.


Für Kritik, Vorschläge, Anregungen und kräftiges Mittun ist die "Stadtteilvertretung Spreeinsel" dankbar.

(Projektbeschreibung: Anne Wagner-Junker, Journalistin, Philosophin, Fischerinsel 5, 10179 Berlin)

 


DIE BERLINER MUSEUMSINSEL

Im Herzen des historischen Zentrums von Berlin - zwischen Spree und Kupfergraben - liegt die Berliner Museumsinsel. Sie entstand mit dem Bau des Alten Museums und dessen Eröffnung 1830. Der Architekt war Karl Friedrich Schinkel - für dessen Pläne Friedrich Wilhelm III. 1823 seine Einwilligung gegeben hatte. Die Oberbauräte Schinkel und Schmid erhielten den förmlichen Auftrag zur Errichtung des Bauwerkes, und in kollegialer Gemeinschaftsarbeit vollendeten sie ein Werk, das aus heutiger Sicht zu den wichtigsten klassizistischen Bauten Berlins gehört. (siehe: Renate Petra, Die Bauten der Berliner Museumsinsel, Verlag für Bauwesen, Berlin, 1987, und Stepp Verlag, Berlin)
Seinen Eingang bildet eine Säulenhalle mit 18 ionischen Säulen oberhalb einer großartigen Freitreppe. Eine Inschrift am Fries über der Säulenhalle kündet noch heute davon, daß das Museum - gelegen direkt gegenüber dem Berliner Stadtschloß auf der baulichen Achse des Portals IV - als ein königliches Museum gegründet wurde, mit Antiken im Hauptgeschoß und einer Gemäldegalerie im Obergeschoß.

 

Altes Museum und Lustgarten

 


Quelle: Kultur aus der Mitte / Zwischen Alltag und Stadtpolitik
WBM und Kulturamt Mitte, Dezember 1993.

ANNE LEMKE-JUNKER

DIE BERLINER MUSEUMSINSEL VON DER KÖNIGLICHEN KUNSTKAMMER ZUR BILDUNGS- UND FORSCHUNGSSTÄTTE

Die Geschichte der Berliner Museumsinsel gehört zu den eindrucksvollsten Kapiteln der Architektur- und Baugeschichte Deutschlands im 19. Jahrhundert. Eigentlich ist sie eine Abfolge des Zusammenfügens und Auseinanderreißens von Kunstsammlungen, die zudem noch den Eigenheiten und speziellen Wertungen der einzelnen Hilfswissenschaften - Kunstgeschichte, Archäologie und Numismatik - unterworfen war. Anhand der Fakten und Ereignisse, in der Bewertung von Leistungen, die mit dieser Geschichte verbundene Persönlichkeiten erfuhren, lassen sich zudem die Hoch- und Tiefpunkte deutscher Geschichte in dem umstrittensten Thema - nicht nur der modernen Zeit - erfahren: dem Kampf privater Kunstinteressen in einem gesellschaftlichen Umfeld, das den Zeit-Wert von Kunst und Künstlern verschweigt oder extrem in eine bestimmte Richtung aufwertet, um machtpolitische Sucht und Selbstdarstellungsverlangen auf imaginierbarem Gebiet in Szene zu setzen.
Die Gründung der Berliner Museen im 19. Jahrhundert führt von den Kunstkammern der preußischen Könige über den Einfluß des Bildungsbürgertums hin zu öffentlichen Museen, welche Wissenschafts- und Bildungszentren der Neuzeit wurden.
Größtenteils geschah dies im Dunstkreis der Herrschenden, immer aber reflektiert die Geschichte der Berliner Museumsinsel mit der Darbringung kunst- und kulturhistorisch bedeutsamer archäologischer Funde Europas, Asiens und Afrikas und der Sammlung von hoch- und höchstrangiger Kunst vor und nach Christus bis in die Gegenwart auch das Zerstören von Geheimnissen, die die Geschichte barg. Damit beschreibt sie das Herauslösen aus festen, unerforschten Zusammenhängen zugunsten einer Kulturtheorie, die ohnehin oftmals durch die Aura des Kunstwerkes selbst und die nachzeitlich bedingte Rezeption nur ungenügend in ihren wirklichen Zusammenhängen erfaßt werden kann. Allerdings liegt genau an dieser Stelle, an der das Seziermesser des Historikers abgesetzt wird, die Chance der bildungsmäßigen Aneignung, um mit der Vervollkommnung des Wissens und der Anschauung an dem schier unendlichen Faden, den man Geschichtsbewußtsein nennen könnte, zu spinnen und diesen zum Gewebe werden zu lassen.
Das öffentliche Interesse des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts am "Bildungsinstitut Museum" verhalf der Museumsarbeit zum Fortschritt im Sinne eines humanistischen Bildungsideals. Stiftungen privater Sammler und die Finanzierung von Ausgrabungen durch Bankiers, Kaufleute oder andere wohlhabende Bürger und nicht zuletzt die historisch bedeutsame Ägypten-Expedition des Nestors der deutschen Ägyptologie Richard Lepsius durch den Preußen-König Friedrich Wilhelm IV. ließen das öffentlich geführte Museum zum Bewahrer der einstigen Raritätenkammern von Königen werden. Daß Herrscherglanz und Gloria wie ein Damoklesschwert über jeder künftigen Museumsarbeit schweben, verdeutlicht die Geschichte, auch wenn die Rolle der Museen des deutschen Kaiserreiches im Gefüge machtpolitischer Einflußnahme noch nicht näher untersucht wurde. Noch heute überschattet die Klärung wichtiger Fragen der Herkunft und Bewahrung ehemals preußischer Kunstobjekte die Gegenwart, denn die Geschichte legte ihre Fallstricke aus. Der Staat Preußen - 1947 per Alliierten-Beschluß aufgelöst - scheint abermals mit seinen materiellen Hinterlassenschaften zum Verhängnis für eine zeitgemäße Lösung im Sinne wirklichen Fortschritts bei der Neugestaltung der Berliner Museen in ihrer Komplexität von Kunststätten und Bildungsorten zu werden, da sich eine geistige Symbiose von Vergangenheit und Gegenwart nicht konfliktlos einzustellen scheint.
Die Betonung der Staatsrepräsentanz Preußens fand in der Eröffnung des Alten Museums am Lustgarten im August 1830 ihren Ausdruck, nachdem sich zuerst in England und Frankreich durch bürgerlich-revolutionäre Bewegungen im 18. Jahrhundert die Museen aus fürstlichen Kunstkammern in öffentliche Museen verwandelten. In London wurde 1753 auf Beschluß des Parlamentes das British Museum gegründet und in Paris 1791 als Ergebnis der Französischen Revolution der königliche Kunstbesitz verstaatlicht. Der Louvre wurde zum Museum, als 1792 die konstituierende Versammlung die Umwandlung des Kunstbesitzes im Königsschloß zum Museum beschloß.
Unter der Ägide König Friedrich Wilhelms III. kam es zur Öffnung seiner Sammlungen im Berliner Stadtschloß, um Wissenschaft und Lehre zu fördern. Wilhelm von Humboldt und Karl August von Hardenberg als Staatsmänner entwickelten mit Wissenschaftlern wie Alexander von Humboldt, Aloys Hirt und Gustav Friedrich Waagen und Künstlern wie Karl Friedrich Schinkel und Christian Daniel Rauch die Idee eines öffentlichen Museums. In Vorbereitung auf die Museumsgründung wurden mit staatlichen Mitteln Privatsammlungen erworben: 1821 die Sammlung des englischen Kaufmanns Solly, 1823 - ein Jahr nach der Entzifferung der ägyptischen Hieroglyphen - die ägyptische Sammlung des Offiziers und Privatgelehrten von Minutoli und wenig später die des Italieners Passalacqua, welche die Grundstöcke der Gemäldegalerie alter Meister und des Ägyptischen Museums bildeten.
Passalacqua hatte die Sammlung im Land am Nil selbst zusammengetragen und stellte sie 1827 als erster Direktor des Ägyptischen Museums im ehemaligen Schloß Monbijou (spätere Ostseite der Museumsinsel, östlich der Spree, im Krieg zerstört) auf. Weiterhin wurde unter Leitung von Hardenbergs eine Auswahl von Kunstwerken aus königlichen Schlössern und Galerien vorgenommen und 1825 der Grundstein für den Bau des Alten Museums an der Nordseite des Stadtschlosses gelegt.
Aus diesem Anlaß hatte zuvor Schinkel 1826 Reisen nach Paris, London und durch Gebiete Englands, Wales und Schottlands unternommen. Für den erforderlichen Baugrund am Lustgarten mußte ein Flußarm zwischen Spree und Kupfergraben zugeschüttet, der Kupfergraben schiffbar gemacht und eine weitreichende Pfahlrostgründung mit mehr als 3000 Pfählen in den Baugrund eingebracht werden. Bei Eröffnung des klassizistischen Prachtbaues 1830 befanden sich im Mittelgeschoß eine Skulpturengalerie antiker Bildwerke und im Obergeschoß die Gemäldegalerie.
Das Alte Museum teilte jedoch schon bald das Schicksal fast aller Museumsgebäude der Welt - es erwies sich als zu klein. Daher verblieb eine Sammlung des vom Großen Kurfürsten begründeten und zunächst von Friedrich II. qualitätsvoll vermehrten Schloßbesitzes im Stadtschloß und im Schloß Monbijou. Deutsche Kunst war kaum vorhanden, die Gemäldegalerie zeigte Werke italienischer und holländischer Malschulen.
1841 faßte König Friedrich Wilhelm IV., der als "Romantiker auf dem preußischen Thron" galt, den entscheidenden Plan, "die ganze Spreeinsel hinter dem Museum zu einer Freistätte für Kunst und Wissenschaft umzuschaffen".
Seit 1843 entstand dann nördlich des Alten Museums das Neue Museum, dessen Architekt Stüler nach dem Tod des Schinkel-Schülers Friedrich Ludwig Persius 1845 allein das gesamte Hof- und Staatsbauwesen Preußens leitete. Das Neue Museum sollte der Aufnahme der Ägyptischen Abteilung und des Kupferstichkabinetts dienen und war äußerlich als schlichtes Bauwerk den Proportionen des Alten Museums angepaßt. Im Inneren wurde es prunkvoll ausgestattet. 1859 erfolgte seine Eröffnung mit der Ägyptischen und Prähistorischen Sammlung und dem Kupferstichkabinett.
"Das Neue Museum blieb der einzige Sammlungs-Bau der Stülerschen Gesamtplanung für die Museumsinsel von 1841, der zu Lebzeiten des Architekten verwirklicht wurde. Vorgesehen war ein dem Genusse der bildenden Künste geweihter Bezirk nördlich des Alten Museums. Anstelle einer großen Achsenkomposition, wie sie im Zeitalter des Barock üblich war, tritt hier entsprechend den topographischen Gegebenheiten die Anordnung von drei in Form und Richtung wechselnden Höfen. Östlich an das Neue Museum war in der Mitte seines quadratischen, von dorischen Säulenhallen eingefaßten Gartenhofes der Bau der Nationalgalerie gedacht, der erst von 1865 bis 1876 durch Stülers Schüler Johann Heinrich Strack verwirklicht werden konnte ... Die in Stülers Entwurf zunächst als Festsaalbau gedachte Nationalgalerie hat Strack - für die Aufnahme der 1861 vermachten Sammlung deutscher Gemälde lebender Meister des Konsuls Johann Heinrich Wilhelm Wagener als Grundstock - in der Formensprache eines römischen Tempels korinthischer Ordnung aus rotem Sandstein, allerdings entgegen dem ursprünglichen Entwurf Stülers als Pseudoperipteros mit doppelläufiger Freitreppe vor der achtsäuligen Giebelfront verwirklicht. Das bronzene Reiterdenkmal Friedrich Wilhelm IV. von Alexander Calandrelli aus dem Jahre 1886 beherrscht den obersten Podest über dem darunterliegenden Eingang im Erdgeschoß."
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts scheiterte die Idee einer bürgerlichen Einheit der deutschen Staaten an den partikularistischen Interessen der Kleinstaaten und ihrer Fürsten, als deren Verkörperung der Gedanke einer Nationalgalerie gefaßt war. Jedoch zeichnete sich um 1860 eine Vormachtstellung Preußens auf wirtschaftspolitischem Gebiet ab, und erneut wurde die Bildung eines deutschen Nationalstaates und die Verkörperung dieser Idee in Form eines Museums diskutiert. Noch vor der Gründung des Deutschen Reiches (1871) wurde, wie bereits oben ausgeführt, mit dem Bau der heutigen Nationalgalerie begonnen, welcher für die Aufnahme der Wagenerschen Sammlung dienen sollte - Wagener hatte sie 1859 dem preußischen Staat übereignet, mit dem ausdrücklichen Wunsch, daß sie den Grundstock einer nationalen öffentlichen Galerie bilden möge.
Angereichert durch Erwerbungen von Gemälden, Skulpturen und Zeichnungen des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert ist hier Kunst vom Klassizismus bis hin zum bürgerlichen Realismus vertreten. Das Gebäude gilt heute als das Stammhaus der Nationalgalerie mit deutscher Malerei und Bildhauerei, vor allem den Malern der Romantik. Bilder der typisch berlinischen Malschulen, wie die Genrebilder Franz Krügers ("Parade auf dem Opernplatz") oder Adolph von Menzels ("Eisenwalzwerk") gehören zu den herausragendsten Werken. Im Zuge der Neugestaltung der Museen unter der Trägerschaft der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sollen hier die im Besitz der Nationalgalerie befindlichen Werke des 19. Jahrhundert vereint werden, so auch die bedeutende Sammlung mit Werken Caspar David Friedrichs und Eduard Gaertners, derzeit noch in der Galerie der Romantik im Schloß Charlottenburg. Ein deutlicher Hinweis auf dieses Vorhaben ist die Ersteigerung der "Schloßfreiheit" von Eduard Gaertner 1993 in London, das bereits in der Alten Nationalgalerie hängt.
Der Zwiespalt aller preußischen Museen beruhte von Anfang an darauf, daß sie einerseits ihre Entstehung bürgerlich-demokratischen Bildungsidealen verdankten, andererseits den Repräsentationsansprüchen preußischer Könige - seit 1871 deutscher Kaiser - und den politischen Ideen des preußischen Staates dienen mußten. Für die Nationalgalerie bedeutete dies eine praktisch undurchführbare Entscheidung zwischen der Sammlung zeitgenössischer Kunst von herausragender Qualität und der Mitwirkung an der Umfunktionierung von Kunst zu einem "vaterländischen Bilderspeicher", was vom König durchgesetzt wurde, gegen den Widerstand der Direktoren. Jedoch führte die mit der Reichsgründung verbundene Förderung der Museen durch den Staat zu einem großen Aufschwung und machte die Berliner Museumsinsel, wie auch das Kunstgewerbemuseum, zu einer vom Kaiserhaus unmittelbar geförderten und kontrollierten Institution. An deren Spitze standen von 1878 bis 1905 der Altertumswissenschaftler und Altphilologe Richard Schöne und von 1905 bis 1920 der Kunsthistoriker Wilhelm von Bode, die als Generaldirektoren mit wissenschaftlichem Gespür und organisatorischem Talent die Gunst der Stunde zu nutzen wußten.
Von den verdienstvollen Direktoren sei hier auch Ludwig Justi genannt, der von 1909 bis 1933 Direktor der Nationalgalerie war, aber von den Faschisten 1933 gemaßregelt und in die Kunstbibliothek strafversetzt wurde. Er eröffnete 1919 im Obergeschoß des ehemaligen Kronprinzenpalais Unter den Linden - einer Dependance der Nationalgalerie - eine Ausstellung mit 100 ausgewählten Zeichnungen des 19. Jahrhunderts bis in die unmittelbare Gegenwart. Die damals noch wenigen expressionistischen Zeichnungen bildeten den Ausgangspunkt einer Sammlung, die bis 1937 über 800 Blätter der deutschen Moderne umfassen sollte. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde 1946 Justi noch einmal zum Direktor und Generaldirektor ernannt.
Zurück zu Wilhelm von Bode: Er wurde mit seinen Interessen für die Kunst des 15. bis 18. Jahrhunderts zum eifrigen Verfechter eines Renaissance-Museums, was zu einem besonderen Höhepunkt in der Museumsgeschichte dieser Zeit führte - der Erbauung des Kaiser-Friedrich-Museums von 1897 bis 1904. Die Renaissance war das Lieblingskind des kunstbeflissenen deutschen Bürgertums. Das Kaiser-Friedrich-Museum nahm neben den Renaissance-Beständen auch das 1904 gegründete Islamische Museum und das Münzkabinett auf, letzteres befindet sich noch heute im Bode-Museum und gehört zu den bedeutendsten Sammlungen im europäischen Raum. Durch Bodes Erwerbungen wurde das Haus stilgerecht ausgestattet. Stilzusammenhänge von Kunst und Gebrauchsgut wurden dargestellt, eingebaute Architekturteile und die Hängung der Gemälde als Rückgrat der Ausstellung folgten einer vorher festgelegten Gestaltungskonzeption, in der das Licht auf die Gemälde fiel, wie es dem Rundgang entsprechen mußte.
Bei Bodes Ankaufspolitik bildeten Überlegungen hinsichtlich der Museumsarchitektur, der für das Publikum ablesbare Raumverlauf, die Lichtführung, die Aufstellung der Skulpturen und die Hängung der Gemälde eine Einheit. Die Galerie alter Meister - Gemäldegalerie - befindet sich noch heute zum Teil im Bode-Museum - kriegsbedingt verlagerte Gemälde aus den Westsektoren waren im Zuge der Rückführung und der Gründung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz nach Berlin-Dahlem gekommen. Gegenwärtig entsteht mit dem Neubau der Kunstbibliothek und des Kupferstichkabinetts am Matthäikirchplatz ein Neubau für eine repräsentative Gemäldegalerie, deren Fertigstellung mit Blick auf die Jahre 1996/1997 zu erwarten ist - schon jetzt erkennbar als ein großartiges Museums-Forum am Kemperplatz.
In ihren Ursprüngen ist die Gemäldegalerie durch die Arbeit G. F. Waagens - ihres ersten Direktors - zu einem kunstgeschichtlich bedeutsamen Kleinod gemacht worden. Bode und Schöne ergänzten sich in einem idealen Maße, so daß es heute unmöglich ist, den Anteil des einen von dem des anderen - wenigstens für das Ende des 19. Jahrhunderts - zu unterscheiden. Bode führte teilweise fort, was Schöne begonnen hatte - wie die Förderung der archäologischen Abteilungen des Pergamonmuseums.
Die großen Ausgrabungen in Bergama (Pergamon), Milet, Didyma, Olympia und Priene veränderten das Profil der Berliner Museen vollständig. Durch Ernst Curtius (in Olympia) und Carl Humann (in Pergamon) wurden unschätzbare Beiträge zur Vertiefung und Erneuerung der Kenntnis antiker Kunst geleistet. Bereits 1901 bis 1906 - das Alte Museum reichte längst nicht mehr aus für die Aufnahme antiker Fundgegenstände - hatte an der Stelle des heutigen Pergamonmuseums ein kleinerer Museumsbau gestanden, in dem die Relief-Platten des pergamenischen Altar-Frieses ausgestellt waren.
Nach Bodes museologischer Konzeption von 1907 entwarf der Architekt Alfred Messel die Baupläne für einen barocken Flügelbau, getreu den Berliner Traditionen des Klassizismus, die nach dem Tode Messels von dessen Freund, dem Architekten Ludwig Hoffmann, weitergeführt wurden - wenn auch kostspieliger und aufwendiger als von Messel geplant. Jedoch dauerte es durch den ersten Weltkrieg und die Nachkriegsereignisse zwanzig Jahre, bis 1930 der Bau mit dem Raum des großen Altars von Pergamon in einer Rekonstruktion im Mittelbau und den Architektur-Denkmäler-Sälen in den Seitenhallen eröffnet werden konnte: das Markttor von Milet und der Saal der hellenistischen Baukunst.
Der Südflügel nahm im Mittelgeschoß das Vorderasiatische Museum auf, dessen Funde durch die Grabungen in Babylon, Sendschirli, Tell Halaf und anderen Orten 1899 zur Gründung dieses Museums geführt hatten. Beispielsweise die Ausgrabungen in Babylon, aus denen das berühmte Ischtar-Tor und die Prozessionsstraße hervorgingen, lagen in den Händen des Architekten Robert Koldewey, dem Walter Andrae als Architekt und auch Bruno Meissner als Philologe zur Seite standen. Aufgrund bereits gefundener Glasurziegelreste hoffte man, auf die Ruinen einst bedeutender Bauwerke zu stoßen, was sich auch bestätigte. Die heute im Vorderasiatischen Museum rekonstruierten Teile des Ischtar-Tores und der Prozessionsstraße legen davon Zeugnis ab. Jedoch standen während all der Jahre die Ruinen der Königsburgen im Norden der Stadt Babylon im Mittelpunkt der Untersuchungen. Die Hauptburg nördlich der Befestigungen und vor allem die Südburg mit ihren Räumen und Höfen, darunter dem Thronsaal Nebukadnezars II., wurden weitgehend freigelegt. Erwähnt werden muß, daß Koldewey 1903 Ausgrabungen in Assur, der alten Hauptstadt des assyrischen Reiches, begann. Mit großem Erfolg gelang die weitestgehende Freilegung des Hauptheiligtums, des Gottes Assur.
Doch nicht nur die einzigartigen Baudenkmäler altorientalischer Baukunst begründeten den Ruhm dieses Museums. Es ist eine der größten Sammlungen altvorderasiatischer Kunst und weist große Vielfalt an Beständen qualitativer Kleinkunst auf sowie Tausende Tontafeln mit der schriftlichen Hinterlassenschaft der Sumerer, Babylonier und Assyrer. Diese Grabungen waren von der Deutschen Orientgesellschaft initiiert worden, deren Vorgehen im Interessensbereich der deutschen Bourgeoisie lag, die ihren Einfluß international ausdehnen wollte. Die Bündnispolitik mit der Türkei diente der Absicherung ihrer Interessen im Vorderen Orient und in Nordafrika. In solchem Zusammenhang standen auch die Ausgrabungen in Ägypten, insbesondere die Erforschung der Pyramiden von Abusir und die Ausgrabungen in El-Amarna.
Die Funde der Ägypten-Expedition der Berliner Akademie unter Leitung des Archäologen Richard Lepsius von 1842 bis 1845 führten zur umfangreichen Erweiterung der Museumssammlung, die 1850 in das Neue Museum umgezogen war und zum Schaffensort bedeutender Gelehrter wurde. Als besonders erfolgreich erwiesen sich die Ausgrabungen der Berliner Museen vor dem ersten Weltkrieg bei der Freilegung großer Teile von Tell-el-Amarna, der alten Residenzstadt Achet-Aton, des Echnaton und der Nofretete. Seit 1959 zeigt das Ägyptische Museum im Bode-Museum eine große Zahl von Kunstwerken ersten Ranges: von der Frühzeit bis zum Hellenismus, Papyrushandschriften und Mumien. Die in Charlottenburg ausgestellte Büste der Nofretete weist auf den zweiten Standort des Ägyptischen Museums, dem mit der Wiedererrichtung des Neuen Museums und der Zusammenführung dann in diesem Museumsbau nach der Jahrtausendwende eine besonders intensive wissenschaftliche Leistungsfähigkeit abverlangt wird.
Mit der bereits erwähnten "Wiederinbesitznahme" des Neuen Museums durch das Ägyptische Museum nach der kommenden Jahrtausendwende werden der gleichfalls im Bode-Museum beheimateten Skulpturensammlung gute Möglichkeiten gegeben sein, ihre jetzt noch zum Teil in Dahlem befindlichen Sammlungsteile mit denen im Bode-Museum zu vereinen.
Im Frühjahr 1994 - nach derzeitigen Rekonstruktionsarbeiten an der Spreeseite des Gebäudes - zeigt die Skulpturensammlung in neuer Ausstellungsgestaltung einen Teil der Sammlung von kleinformatigen Bildwerken der Renaissance und des Barock im Obergeschoß an der Kupfergrabenseite. Dann sind auch die Säle mit mittelalterlicher Kunst wieder eingerichtet - zur Freude und Erbauung aller Besucher des Bode-Museums.
Dem Museum für Spätantike und Byzantinische Kunst im Bode-Museum steht mit seinem zweiten Standort in Berlin-Dahlem gleichfalls ein Umzug "ins Haus": Es wird - nach jetzigen Planungen - im Nordflügel des Pergamonmuseums seine Heimstatt finden. Dieses Museum - das einmalig in Deutschland ist - zeigt als herausragendes Beispiel das Apsismosaik aus der Kirche San Michele in Africisco zu Ravenna (um 545/546). Zu den Raritäten, die dem Besucher präsentiert werden, gehört auch das Tafelbildnis des Bischofs Apa Abraham, Ägypten um 590/600.
Das früher "Frühchristlich-byzantinische Sammlung" benannte Museum hat ein unverwechselbares Profil: einzigartige Skulpturen oströmischer und byzantinischer Herkunft, kostbare Elfenbeinschnitzereien und Zeugnisse spätantiker "koptischer" Kunst aus Ägypten.