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DIE BERLINER MUSEUMSINSEL

Im Herzen des historischen Zentrums von Berlin - zwischen Spree und Kupfergraben - liegt die Berliner Museumsinsel. Sie entstand mit dem Bau des Alten Museums und dessen Eröffnung 1830. Der Architekt war Karl Friedrich Schinkel - für dessen Pläne Friedrich Wilhelm III. 1823 seine Einwilligung gegeben hatte. Die Oberbauräte Schinkel und Schmid erhielten den förmlichen Auftrag zur Errichtung des Bauwerkes, und in kollegialer Gemeinschaftsarbeit vollendeten sie ein Werk, das aus heutiger Sicht zu den wichtigsten klassizistischen Bauten Berlins gehört. (siehe: Renate Petra, Die Bauten der Berliner Museumsinsel, Verlag für Bauwesen, Berlin, 1987, und Stepp Verlag, Berlin)
Seinen Eingang bildet eine Säulenhalle mit 18 ionischen Säulen oberhalb einer großartigen Freitreppe. Eine Inschrift am Fries über der Säulenhalle kündet noch heute davon, daß das Museum - gelegen direkt gegenüber dem Berliner Stadtschloß auf der baulichen Achse des Portals IV - als ein königliches Museum gegründet wurde, mit Antiken im Hauptgeschoß und einer Gemäldegalerie im Obergeschoß.

 

Altes Museum und Lustgarten

 


Quelle: Kultur aus der Mitte / Zwischen Alltag und Stadtpolitik
WBM und Kulturamt Mitte, Dezember 1993.

ANNE LEMKE-JUNKER

DIE BERLINER MUSEUMSINSEL VON DER KÖNIGLICHEN KUNSTKAMMER ZUR BILDUNGS- UND FORSCHUNGSSTÄTTE

Die Geschichte der Berliner Museumsinsel gehört zu den eindrucksvollsten Kapiteln der Architektur- und Baugeschichte Deutschlands im 19. Jahrhundert. Eigentlich ist sie eine Abfolge des Zusammenfügens und Auseinanderreißens von Kunstsammlungen, die zudem noch den Eigenheiten und speziellen Wertungen der einzelnen Hilfswissenschaften - Kunstgeschichte, Archäologie und Numismatik - unterworfen war. Anhand der Fakten und Ereignisse, in der Bewertung von Leistungen, die mit dieser Geschichte verbundene Persönlichkeiten erfuhren, lassen sich zudem die Hoch- und Tiefpunkte deutscher Geschichte in dem umstrittensten Thema - nicht nur der modernen Zeit - erfahren: dem Kampf privater Kunstinteressen in einem gesellschaftlichen Umfeld, das den Zeit-Wert von Kunst und Künstlern verschweigt oder extrem in eine bestimmte Richtung aufwertet, um machtpolitische Sucht und Selbstdarstellungsverlangen auf imaginierbarem Gebiet in Szene zu setzen.
Die Gründung der Berliner Museen im 19. Jahrhundert führt von den Kunstkammern der preußischen Könige über den Einfluß des Bildungsbürgertums hin zu öffentlichen Museen, welche Wissenschafts- und Bildungszentren der Neuzeit wurden.
Größtenteils geschah dies im Dunstkreis der Herrschenden, immer aber reflektiert die Geschichte der Berliner Museumsinsel mit der Darbringung kunst- und kulturhistorisch bedeutsamer archäologischer Funde Europas, Asiens und Afrikas und der Sammlung von hoch- und höchstrangiger Kunst vor und nach Christus bis in die Gegenwart auch das Zerstören von Geheimnissen, die die Geschichte barg. Damit beschreibt sie das Herauslösen aus festen, unerforschten Zusammenhängen zugunsten einer Kulturtheorie, die ohnehin oftmals durch die Aura des Kunstwerkes selbst und die nachzeitlich bedingte Rezeption nur ungenügend in ihren wirklichen Zusammenhängen erfaßt werden kann. Allerdings liegt genau an dieser Stelle, an der das Seziermesser des Historikers abgesetzt wird, die Chance der bildungsmäßigen Aneignung, um mit der Vervollkommnung des Wissens und der Anschauung an dem schier unendlichen Faden, den man Geschichtsbewußtsein nennen könnte, zu spinnen und diesen zum Gewebe werden zu lassen.
Das öffentliche Interesse des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts am "Bildungsinstitut Museum" verhalf der Museumsarbeit zum Fortschritt im Sinne eines humanistischen Bildungsideals. Stiftungen privater Sammler und die Finanzierung von Ausgrabungen durch Bankiers, Kaufleute oder andere wohlhabende Bürger und nicht zuletzt die historisch bedeutsame Ägypten-Expedition des Nestors der deutschen Ägyptologie Richard Lepsius durch den Preußen-König Friedrich Wilhelm IV. ließen das öffentlich geführte Museum zum Bewahrer der einstigen Raritätenkammern von Königen werden. Daß Herrscherglanz und Gloria wie ein Damoklesschwert über jeder künftigen Museumsarbeit schweben, verdeutlicht die Geschichte, auch wenn die Rolle der Museen des deutschen Kaiserreiches im Gefüge machtpolitischer Einflußnahme noch nicht näher untersucht wurde. Noch heute überschattet die Klärung wichtiger Fragen der Herkunft und Bewahrung ehemals preußischer Kunstobjekte die Gegenwart, denn die Geschichte legte ihre Fallstricke aus. Der Staat Preußen - 1947 per Alliierten-Beschluß aufgelöst - scheint abermals mit seinen materiellen Hinterlassenschaften zum Verhängnis für eine zeitgemäße Lösung im Sinne wirklichen Fortschritts bei der Neugestaltung der Berliner Museen in ihrer Komplexität von Kunststätten und Bildungsorten zu werden, da sich eine geistige Symbiose von Vergangenheit und Gegenwart nicht konfliktlos einzustellen scheint.
Die Betonung der Staatsrepräsentanz Preußens fand in der Eröffnung des Alten Museums am Lustgarten im August 1830 ihren Ausdruck, nachdem sich zuerst in England und Frankreich durch bürgerlich-revolutionäre Bewegungen im 18. Jahrhundert die Museen aus fürstlichen Kunstkammern in öffentliche Museen verwandelten. In London wurde 1753 auf Beschluß des Parlamentes das British Museum gegründet und in Paris 1791 als Ergebnis der Französischen Revolution der königliche Kunstbesitz verstaatlicht. Der Louvre wurde zum Museum, als 1792 die konstituierende Versammlung die Umwandlung des Kunstbesitzes im Königsschloß zum Museum beschloß.
Unter der Ägide König Friedrich Wilhelms III. kam es zur Öffnung seiner Sammlungen im Berliner Stadtschloß, um Wissenschaft und Lehre zu fördern. Wilhelm von Humboldt und Karl August von Hardenberg als Staatsmänner entwickelten mit Wissenschaftlern wie Alexander von Humboldt, Aloys Hirt und Gustav Friedrich Waagen und Künstlern wie Karl Friedrich Schinkel und Christian Daniel Rauch die Idee eines öffentlichen Museums. In Vorbereitung auf die Museumsgründung wurden mit staatlichen Mitteln Privatsammlungen erworben: 1821 die Sammlung des englischen Kaufmanns Solly, 1823 - ein Jahr nach der Entzifferung der ägyptischen Hieroglyphen - die ägyptische Sammlung des Offiziers und Privatgelehrten von Minutoli und wenig später die des Italieners Passalacqua, welche die Grundstöcke der Gemäldegalerie alter Meister und des Ägyptischen Museums bildeten.
Passalacqua hatte die Sammlung im Land am Nil selbst zusammengetragen und stellte sie 1827 als erster Direktor des Ägyptischen Museums im ehemaligen Schloß Monbijou (spätere Ostseite der Museumsinsel, östlich der Spree, im Krieg zerstört) auf. Weiterhin wurde unter Leitung von Hardenbergs eine Auswahl von Kunstwerken aus königlichen Schlössern und Galerien vorgenommen und 1825 der Grundstein für den Bau des Alten Museums an der Nordseite des Stadtschlosses gelegt.
Aus diesem Anlaß hatte zuvor Schinkel 1826 Reisen nach Paris, London und durch Gebiete Englands, Wales und Schottlands unternommen. Für den erforderlichen Baugrund am Lustgarten mußte ein Flußarm zwischen Spree und Kupfergraben zugeschüttet, der Kupfergraben schiffbar gemacht und eine weitreichende Pfahlrostgründung mit mehr als 3000 Pfählen in den Baugrund eingebracht werden. Bei Eröffnung des klassizistischen Prachtbaues 1830 befanden sich im Mittelgeschoß eine Skulpturengalerie antiker Bildwerke und im Obergeschoß die Gemäldegalerie.
Das Alte Museum teilte jedoch schon bald das Schicksal fast aller Museumsgebäude der Welt - es erwies sich als zu klein. Daher verblieb eine Sammlung des vom Großen Kurfürsten begründeten und zunächst von Friedrich II. qualitätsvoll vermehrten Schloßbesitzes im Stadtschloß und im Schloß Monbijou. Deutsche Kunst war kaum vorhanden, die Gemäldegalerie zeigte Werke italienischer und holländischer Malschulen.
1841 faßte König Friedrich Wilhelm IV., der als "Romantiker auf dem preußischen Thron" galt, den entscheidenden Plan, "die ganze Spreeinsel hinter dem Museum zu einer Freistätte für Kunst und Wissenschaft umzuschaffen".
Seit 1843 entstand dann nördlich des Alten Museums das Neue Museum, dessen Architekt Stüler nach dem Tod des Schinkel-Schülers Friedrich Ludwig Persius 1845 allein das gesamte Hof- und Staatsbauwesen Preußens leitete. Das Neue Museum sollte der Aufnahme der Ägyptischen Abteilung und des Kupferstichkabinetts dienen und war äußerlich als schlichtes Bauwerk den Proportionen des Alten Museums angepaßt. Im Inneren wurde es prunkvoll ausgestattet. 1859 erfolgte seine Eröffnung mit der Ägyptischen und Prähistorischen Sammlung und dem Kupferstichkabinett.
"Das Neue Museum blieb der einzige Sammlungs-Bau der Stülerschen Gesamtplanung für die Museumsinsel von 1841, der zu Lebzeiten des Architekten verwirklicht wurde. Vorgesehen war ein dem Genusse der bildenden Künste geweihter Bezirk nördlich des Alten Museums. Anstelle einer großen Achsenkomposition, wie sie im Zeitalter des Barock üblich war, tritt hier entsprechend den topographischen Gegebenheiten die Anordnung von drei in Form und Richtung wechselnden Höfen. Östlich an das Neue Museum war in der Mitte seines quadratischen, von dorischen Säulenhallen eingefaßten Gartenhofes der Bau der Nationalgalerie gedacht, der erst von 1865 bis 1876 durch Stülers Schüler Johann Heinrich Strack verwirklicht werden konnte ... Die in Stülers Entwurf zunächst als Festsaalbau gedachte Nationalgalerie hat Strack - für die Aufnahme der 1861 vermachten Sammlung deutscher Gemälde lebender Meister des Konsuls Johann Heinrich Wilhelm Wagener als Grundstock - in der Formensprache eines römischen Tempels korinthischer Ordnung aus rotem Sandstein, allerdings entgegen dem ursprünglichen Entwurf Stülers als Pseudoperipteros mit doppelläufiger Freitreppe vor der achtsäuligen Giebelfront verwirklicht. Das bronzene Reiterdenkmal Friedrich Wilhelm IV. von Alexander Calandrelli aus dem Jahre 1886 beherrscht den obersten Podest über dem darunterliegenden Eingang im Erdgeschoß."
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts scheiterte die Idee einer bürgerlichen Einheit der deutschen Staaten an den partikularistischen Interessen der Kleinstaaten und ihrer Fürsten, als deren Verkörperung der Gedanke einer Nationalgalerie gefaßt war. Jedoch zeichnete sich um 1860 eine Vormachtstellung Preußens auf wirtschaftspolitischem Gebiet ab, und erneut wurde die Bildung eines deutschen Nationalstaates und die Verkörperung dieser Idee in Form eines Museums diskutiert. Noch vor der Gründung des Deutschen Reiches (1871) wurde, wie bereits oben ausgeführt, mit dem Bau der heutigen Nationalgalerie begonnen, welcher für die Aufnahme der Wagenerschen Sammlung dienen sollte - Wagener hatte sie 1859 dem preußischen Staat übereignet, mit dem ausdrücklichen Wunsch, daß sie den Grundstock einer nationalen öffentlichen Galerie bilden möge.
Angereichert durch Erwerbungen von Gemälden, Skulpturen und Zeichnungen des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert ist hier Kunst vom Klassizismus bis hin zum bürgerlichen Realismus vertreten. Das Gebäude gilt heute als das Stammhaus der Nationalgalerie mit deutscher Malerei und Bildhauerei, vor allem den Malern der Romantik. Bilder der typisch berlinischen Malschulen, wie die Genrebilder Franz Krügers ("Parade auf dem Opernplatz") oder Adolph von Menzels ("Eisenwalzwerk") gehören zu den herausragendsten Werken. Im Zuge der Neugestaltung der Museen unter der Trägerschaft der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sollen hier die im Besitz der Nationalgalerie befindlichen Werke des 19. Jahrhundert vereint werden, so auch die bedeutende Sammlung mit Werken Caspar David Friedrichs und Eduard Gaertners, derzeit noch in der Galerie der Romantik im Schloß Charlottenburg. Ein deutlicher Hinweis auf dieses Vorhaben ist die Ersteigerung der "Schloßfreiheit" von Eduard Gaertner 1993 in London, das bereits in der Alten Nationalgalerie hängt.
Der Zwiespalt aller preußischen Museen beruhte von Anfang an darauf, daß sie einerseits ihre Entstehung bürgerlich-demokratischen Bildungsidealen verdankten, andererseits den Repräsentationsansprüchen preußischer Könige - seit 1871 deutscher Kaiser - und den politischen Ideen des preußischen Staates dienen mußten. Für die Nationalgalerie bedeutete dies eine praktisch undurchführbare Entscheidung zwischen der Sammlung zeitgenössischer Kunst von herausragender Qualität und der Mitwirkung an der Umfunktionierung von Kunst zu einem "vaterländischen Bilderspeicher", was vom König durchgesetzt wurde, gegen den Widerstand der Direktoren. Jedoch führte die mit der Reichsgründung verbundene Förderung der Museen durch den Staat zu einem großen Aufschwung und machte die Berliner Museumsinsel, wie auch das Kunstgewerbemuseum, zu einer vom Kaiserhaus unmittelbar geförderten und kontrollierten Institution. An deren Spitze standen von 1878 bis 1905 der Altertumswissenschaftler und Altphilologe Richard Schöne und von 1905 bis 1920 der Kunsthistoriker Wilhelm von Bode, die als Generaldirektoren mit wissenschaftlichem Gespür und organisatorischem Talent die Gunst der Stunde zu nutzen wußten.
Von den verdienstvollen Direktoren sei hier auch Ludwig Justi genannt, der von 1909 bis 1933 Direktor der Nationalgalerie war, aber von den Faschisten 1933 gemaßregelt und in die Kunstbibliothek strafversetzt wurde. Er eröffnete 1919 im Obergeschoß des ehemaligen Kronprinzenpalais Unter den Linden - einer Dependance der Nationalgalerie - eine Ausstellung mit 100 ausgewählten Zeichnungen des 19. Jahrhunderts bis in die unmittelbare Gegenwart. Die damals noch wenigen expressionistischen Zeichnungen bildeten den Ausgangspunkt einer Sammlung, die bis 1937 über 800 Blätter der deutschen Moderne umfassen sollte. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde 1946 Justi noch einmal zum Direktor und Generaldirektor ernannt.
Zurück zu Wilhelm von Bode: Er wurde mit seinen Interessen für die Kunst des 15. bis 18. Jahrhunderts zum eifrigen Verfechter eines Renaissance-Museums, was zu einem besonderen Höhepunkt in der Museumsgeschichte dieser Zeit führte - der Erbauung des Kaiser-Friedrich-Museums von 1897 bis 1904. Die Renaissance war das Lieblingskind des kunstbeflissenen deutschen Bürgertums. Das Kaiser-Friedrich-Museum nahm neben den Renaissance-Beständen auch das 1904 gegründete Islamische Museum und das Münzkabinett auf, letzteres befindet sich noch heute im Bode-Museum und gehört zu den bedeutendsten Sammlungen im europäischen Raum. Durch Bodes Erwerbungen wurde das Haus stilgerecht ausgestattet. Stilzusammenhänge von Kunst und Gebrauchsgut wurden dargestellt, eingebaute Architekturteile und die Hängung der Gemälde als Rückgrat der Ausstellung folgten einer vorher festgelegten Gestaltungskonzeption, in der das Licht auf die Gemälde fiel, wie es dem Rundgang entsprechen mußte.
Bei Bodes Ankaufspolitik bildeten Überlegungen hinsichtlich der Museumsarchitektur, der für das Publikum ablesbare Raumverlauf, die Lichtführung, die Aufstellung der Skulpturen und die Hängung der Gemälde eine Einheit. Die Galerie alter Meister - Gemäldegalerie - befindet sich noch heute zum Teil im Bode-Museum - kriegsbedingt verlagerte Gemälde aus den Westsektoren waren im Zuge der Rückführung und der Gründung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz nach Berlin-Dahlem gekommen. Gegenwärtig entsteht mit dem Neubau der Kunstbibliothek und des Kupferstichkabinetts am Matthäikirchplatz ein Neubau für eine repräsentative Gemäldegalerie, deren Fertigstellung mit Blick auf die Jahre 1996/1997 zu erwarten ist - schon jetzt erkennbar als ein großartiges Museums-Forum am Kemperplatz.
In ihren Ursprüngen ist die Gemäldegalerie durch die Arbeit G. F. Waagens - ihres ersten Direktors - zu einem kunstgeschichtlich bedeutsamen Kleinod gemacht worden. Bode und Schöne ergänzten sich in einem idealen Maße, so daß es heute unmöglich ist, den Anteil des einen von dem des anderen - wenigstens für das Ende des 19. Jahrhunderts - zu unterscheiden. Bode führte teilweise fort, was Schöne begonnen hatte - wie die Förderung der archäologischen Abteilungen des Pergamonmuseums.
Die großen Ausgrabungen in Bergama (Pergamon), Milet, Didyma, Olympia und Priene veränderten das Profil der Berliner Museen vollständig. Durch Ernst Curtius (in Olympia) und Carl Humann (in Pergamon) wurden unschätzbare Beiträge zur Vertiefung und Erneuerung der Kenntnis antiker Kunst geleistet. Bereits 1901 bis 1906 - das Alte Museum reichte längst nicht mehr aus für die Aufnahme antiker Fundgegenstände - hatte an der Stelle des heutigen Pergamonmuseums ein kleinerer Museumsbau gestanden, in dem die Relief-Platten des pergamenischen Altar-Frieses ausgestellt waren.
Nach Bodes museologischer Konzeption von 1907 entwarf der Architekt Alfred Messel die Baupläne für einen barocken Flügelbau, getreu den Berliner Traditionen des Klassizismus, die nach dem Tode Messels von dessen Freund, dem Architekten Ludwig Hoffmann, weitergeführt wurden - wenn auch kostspieliger und aufwendiger als von Messel geplant. Jedoch dauerte es durch den ersten Weltkrieg und die Nachkriegsereignisse zwanzig Jahre, bis 1930 der Bau mit dem Raum des großen Altars von Pergamon in einer Rekonstruktion im Mittelbau und den Architektur-Denkmäler-Sälen in den Seitenhallen eröffnet werden konnte: das Markttor von Milet und der Saal der hellenistischen Baukunst.
Der Südflügel nahm im Mittelgeschoß das Vorderasiatische Museum auf, dessen Funde durch die Grabungen in Babylon, Sendschirli, Tell Halaf und anderen Orten 1899 zur Gründung dieses Museums geführt hatten. Beispielsweise die Ausgrabungen in Babylon, aus denen das berühmte Ischtar-Tor und die Prozessionsstraße hervorgingen, lagen in den Händen des Architekten Robert Koldewey, dem Walter Andrae als Architekt und auch Bruno Meissner als Philologe zur Seite standen. Aufgrund bereits gefundener Glasurziegelreste hoffte man, auf die Ruinen einst bedeutender Bauwerke zu stoßen, was sich auch bestätigte. Die heute im Vorderasiatischen Museum rekonstruierten Teile des Ischtar-Tores und der Prozessionsstraße legen davon Zeugnis ab. Jedoch standen während all der Jahre die Ruinen der Königsburgen im Norden der Stadt Babylon im Mittelpunkt der Untersuchungen. Die Hauptburg nördlich der Befestigungen und vor allem die Südburg mit ihren Räumen und Höfen, darunter dem Thronsaal Nebukadnezars II., wurden weitgehend freigelegt. Erwähnt werden muß, daß Koldewey 1903 Ausgrabungen in Assur, der alten Hauptstadt des assyrischen Reiches, begann. Mit großem Erfolg gelang die weitestgehende Freilegung des Hauptheiligtums, des Gottes Assur.
Doch nicht nur die einzigartigen Baudenkmäler altorientalischer Baukunst begründeten den Ruhm dieses Museums. Es ist eine der größten Sammlungen altvorderasiatischer Kunst und weist große Vielfalt an Beständen qualitativer Kleinkunst auf sowie Tausende Tontafeln mit der schriftlichen Hinterlassenschaft der Sumerer, Babylonier und Assyrer. Diese Grabungen waren von der Deutschen Orientgesellschaft initiiert worden, deren Vorgehen im Interessensbereich der deutschen Bourgeoisie lag, die ihren Einfluß international ausdehnen wollte. Die Bündnispolitik mit der Türkei diente der Absicherung ihrer Interessen im Vorderen Orient und in Nordafrika. In solchem Zusammenhang standen auch die Ausgrabungen in Ägypten, insbesondere die Erforschung der Pyramiden von Abusir und die Ausgrabungen in El-Amarna.
Die Funde der Ägypten-Expedition der Berliner Akademie unter Leitung des Archäologen Richard Lepsius von 1842 bis 1845 führten zur umfangreichen Erweiterung der Museumssammlung, die 1850 in das Neue Museum umgezogen war und zum Schaffensort bedeutender Gelehrter wurde. Als besonders erfolgreich erwiesen sich die Ausgrabungen der Berliner Museen vor dem ersten Weltkrieg bei der Freilegung großer Teile von Tell-el-Amarna, der alten Residenzstadt Achet-Aton, des Echnaton und der Nofretete. Seit 1959 zeigt das Ägyptische Museum im Bode-Museum eine große Zahl von Kunstwerken ersten Ranges: von der Frühzeit bis zum Hellenismus, Papyrushandschriften und Mumien. Die in Charlottenburg ausgestellte Büste der Nofretete weist auf den zweiten Standort des Ägyptischen Museums, dem mit der Wiedererrichtung des Neuen Museums und der Zusammenführung dann in diesem Museumsbau nach der Jahrtausendwende eine besonders intensive wissenschaftliche Leistungsfähigkeit abverlangt wird.
Mit der bereits erwähnten "Wiederinbesitznahme" des Neuen Museums durch das Ägyptische Museum nach der kommenden Jahrtausendwende werden der gleichfalls im Bode-Museum beheimateten Skulpturensammlung gute Möglichkeiten gegeben sein, ihre jetzt noch zum Teil in Dahlem befindlichen Sammlungsteile mit denen im Bode-Museum zu vereinen.
Im Frühjahr 1994 - nach derzeitigen Rekonstruktionsarbeiten an der Spreeseite des Gebäudes - zeigt die Skulpturensammlung in neuer Ausstellungsgestaltung einen Teil der Sammlung von kleinformatigen Bildwerken der Renaissance und des Barock im Obergeschoß an der Kupfergrabenseite. Dann sind auch die Säle mit mittelalterlicher Kunst wieder eingerichtet - zur Freude und Erbauung aller Besucher des Bode-Museums.
Dem Museum für Spätantike und Byzantinische Kunst im Bode-Museum steht mit seinem zweiten Standort in Berlin-Dahlem gleichfalls ein Umzug "ins Haus": Es wird - nach jetzigen Planungen - im Nordflügel des Pergamonmuseums seine Heimstatt finden. Dieses Museum - das einmalig in Deutschland ist - zeigt als herausragendes Beispiel das Apsismosaik aus der Kirche San Michele in Africisco zu Ravenna (um 545/546). Zu den Raritäten, die dem Besucher präsentiert werden, gehört auch das Tafelbildnis des Bischofs Apa Abraham, Ägypten um 590/600.
Das früher "Frühchristlich-byzantinische Sammlung" benannte Museum hat ein unverwechselbares Profil: einzigartige Skulpturen oströmischer und byzantinischer Herkunft, kostbare Elfenbeinschnitzereien und Zeugnisse spätantiker "koptischer" Kunst aus Ägypten.